Kaffeeersatz aus heimischen Pflanzenteilen wird seit vielen Jahrhunderten verwendet. Wir werfen einen Blick auf die Geschichte und die aktuelle Lage.
Die Kaffeepflanze ist insofern recht anspruchsvoll, da sie auf das warme Klima in den Regionen rund um den Äquator angewiesen ist. So kommt der Großteil der jährlichen Kaffeeernte entsprechend auch aus Süd- und Mittelamerika, Zentralafrika und Südostasien. Den Löwenanteil machen dabei mit über zwei Dritteln die 5 größten Kaffeeproduzenten Brasilien, Vietnam, Indonesien, Kolumbien und Äthiopien aus. In der globalisierten Welt von heute ist die Kaffeeversorgung trotzdem auch in allen anderen Teilen der Welt eigentlich immer gesichert. Noch in der jüngeren Vergangenheit sah das teilweise aber ganz anders aus und man musste in ganzen Regionen jahrelang aus verschiedenen Gründen auf die Kaffeebohne verzichten.
Im 18., 19., aber auch im frühen 20. Jahrhundert war der echte Kaffee für viele Menschen schlichtweg zu teuer und ein Ersatz musste für den Alltag her. Auch Kriege und Wirtschaftsblockaden machten Kaffee in Europa immer wieder für längere Zeit zur Mangelware. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts sorgte etwa die napoleonische Kontinentalsperre dafür, dass Kaffee aus Übersee nur in überschaubaren Mengen den Kontinent erreicht hat. Findige Tüftler sorgten in solchen Zeiten für Ersatz in Form von kaffeeähnlichen Getränken, die entweder neu erfunden wurden oder aber auf alten Rezepten beruhten. So wurden etwa schon im alten Ägypten Getränke aus gerösteten Körnern und anderen Pflanzenteilen zubereitet. In Europa sind die ältesten Nachweise für Kaffeeersatzgetränke ab dem 17. Jahrhundert belegbar. Die verschiedenen Rezepturen und Inhaltsstoffe sind mannigfaltig, ähneln bei der Verwendung aber trotzdem stark der normalen Kaffeezubereitung. Im Wesentlichen lassen sich die Ersatzstoffe auf die folgenden 3 Varianten reduzieren.
Getreidekaffee
In der Regel wird für diese Variante Gerste oder Roggen verwendet, in selteneren Fällen auch Dinkel oder Mais. Die Körner werden dabei entweder ungekeimt oder angekeimt verarbeitet. Nach der Trocknung und einer kurzen Röstung ist der heimische Getreidekaffee bereits fertig. Der Geschmack wird in erster Linie durch die Verarbeitung beeinflusst und kann somit auch stark variieren. In Deutschland wurden die ersten Getränke dieser Art bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts genutzt und sind auch bis heute noch relativ weit verbreitet. Der bekannteste Vertreter ist vermutlich die lösliche Instantvariante in Form von Caro-Kaffee, der aus Roggen, Gerste, Malz und Zichorie hergestellt wird.
Zichorienkaffee
Während die Zichorie, wie eben erwähnt, auch in manchem Getreidekaffee Verwendung findet, gab und gibt es auch durchaus reinen Zichorienkaffee. Die Zichorie oder auch Gemeine Wegwarte wächst in Europa wild und wie es der Name bereits andeutet, besonders häufig an Wegrändern. Den meisten dürften aber die kultivierten Varianten vertrauter sein, etwa der Chicorée oder der Radicchio. Bereits im 17. Jahrhundert wurde die Wurzel der Pflanze verwendet, um einen günstigen Ersatz für den teuren Kaffee aus Übersee zu ermöglichen. Erst deutlich später wurde entdeckt, dass auch die Blätter als Salat genutzt werden können. Auch heute ist Zichorien- (auch Landkaffee) durchaus noch erhältlich.
Muckefuck
Die dritte Form eines Kaffeeersatzes ist eine Mischform aus Getreide- und Zichorienkaffee, die vor allem mit einem griffigen und interessanten Namen punktet. Die Herkunft des Begriffs „Muckefuck“ ist nicht eindeutig belegbar, da es mehrere verschiedene Erklärungen gibt. Eine gängige Theorie besagt, dass der Name aus dem Französischen abgeleitet wurde, wo man mit den Worten „Mocca Faux“ einen „falschen Kaffee“ bezeichnet. Alternativ könnte der Name auch auf den rheinischen Dialekt zurückgehen, wo „Mucken“ eine braune Holzmasse und „fuck“ etwas faules oder auch schlechtes bezeichnen.
Soweit zum geschichtlichen Teil, aber wie sieht es mit dem Genuss aus, gerade aus heutiger Sicht? Wir haben dazu zwei verschiedene Kaffeeersatzvarianten getestet (einen reinen Zichorienkaffee und einen Landkaffee aus verschiedenen Getreideformen) und waren nicht wirklich begeistert. Es ist eben ein Ersatzprodukt und kann somit auch den Vergleich zu einer guten, frisch gemahlenen Kaffeebohne nur schwerlich gewinnen. Wer mal etwas Neues ausprobieren mag oder auf Koffein verzichten möchte, kann so einem Ersatzprodukt natürlich trotzdem eine Chance geben. Der Autor dieses Artikels bewegt sich in der Zwischenzeit aber unbeeindruckt zu seinem Kaffeevollautomaten und gibt sich der echten Kaffeelust hin.